| |

Ein Stein im Brett dank weichem Wasser

Drei Jahre Bauzeit. 8,9 Mio. Euro Investitionen. Und zum guten Schluss hat dann ab 2022 das Verbandswasserwerk Bad Langensalza bei seinen Kunden in 40 Orten des Kreises nicht nur ein Stein im Brett, sondern auch bestes Wasser aus der Ohratalsperre im Angebot.

Eine steife Brise wehte über die Gothaer Höhe südlich von Herbsleben, als das wohl wichtigste Vorhaben in der Geschichte des Verbandswasserwerkes am letzten Februartag startete. Es ging um nicht mehr und nicht weniger als ums „weiche“ Wasser.

Seit alters fördern die Quellen in und um Bad Langensalza hartes Wasser. Solches von fast 40° Deutscher Härte. Das sicherte der Rosenstadt einen Spitzenplatz in deutschen Wasser-Ranking.

Aber ansonsten konnten die Kunden nicht genug klagen, kontaminierte Kalk die Kaffee- und Waschmaschinen, Geschirrspüler, Wasserkocher, Rohre. Abhilfe schaffte nur der Einsatz diverser Chemie. Ein teures, ein die Umwelt belastendes Vorgehen. Das betraf dann den Verband selbst und seine Kläranlage. Deshalb, weil solch kalziumreiches H2O quasi immer absolut keimfrei ist, denn dessen basisches Milieu bekommt Bakterien nicht. Auch jenen nicht, deren vornehmste Aufgabe in der Kläranlage ist, für sauberes Wasser zu sorgen.

 

Was zuvor passierte
Der symbolische Spatenstich hatte eine lange Vorgeschichte. Der Wunsch nach besserem Wasser ist alt. Ihn zu erfüllen, war indes eine anspruchsvolle und zeitaufwändige Aufgabe. Dafür gab es u. a. mehr als 20 Informationsveranstaltungen, die der Verband anbot, um die verschiedenen Varianten bürger- und kundennah darzulegen.

Drei Möglichkeiten wurden erwogen: Da war zunächst der Plan, in eigner Regie und für geschätzte 5,5 Mio. Euro eine Entsalzungsanlage zu bauen. Das wurde verworfen, weil damit konzentrierte Kalziumlauge in die Salza eingeleitet werden müsste. Die dafür nötige wasserrechtliche Erlaubnis setzte eine lange Testphase voraus, ob und wie Fauna und Flora das Nachsalzen der Salza verkraften würde. Die Mengen wären nämlich enorm gewesen, „wöchentlich einem Multicar voll“, wie Werkleiter Matthias Vogt die Dimension verdeutlichte.

Das Risiko, dass die Salza dann ihrem Namen gerecht und eine zweite Werra geworden wäre, schien zu groß wie die Unwägbarkeiten angesichts der zuvor notwendigen Investitionen, um das überhaupt ermitteln zu können. Also beerdigte man diese Variante.

Sich am Thüringer Fernwasser schadlos zu halten, war die Alternative. Doch die zu dem Zeitpunkt verfügbare Menge des wegen seiner Qualität gerühmten Wassers aus den Talsperren im Thüringer Wald hätte nur eine „Verdünnung“ des Bedarfs mit rund 20 % ermöglicht. Damit wäre der Härtegrad nur unwesentlich gesunken.

Blieb nur das ganz große Rad zu drehen: Ganz gewiss nicht von Nachteil dabei war, dass auch die Thüringer Fernwasserversorgung ein gesteigertes Interesse hatte, den Bad Langensalzaern die erforderlichen rund 1,7 Mio. m3 im Jahr zu verkaufen.

Parallel dazu öffnete nämlich der Freistaat sein Fördermittelfüllhorn für eben jene Regionen, die noch nicht (Fern-) Wasser aus dem Thüringer Wald bezogen. Satte 4 Mio. Euro, die damit fast die Hälfte der Kosten decken, fließen nun in drei Jahresscheiben an die investitionsfreudigen Verbandswasserwerker.

Deshalb unterschrieb dann auch der Verband im Dezember 2018 den Vertrag zur Fernwasserlieferung.

 

Womit begonnen wird
Drei Bauabschnitte sind geplant. Begonnen wird nun mit jenem, der den Herbsleber Hochbehälter mit jenem in Dachwig verbinden soll. Geplant hat das Vorhaben das Erfurter Ingenieurbüro Prowa GmbH. Die Herzog Bau GmbH aus Tüttleben (Landkreis Gotha) bekam den Zuschlag für den Auftrag mit einem Umfang von knapp 1,3 Mio. Euro brutto.

Damit wird u. a. am Dachwiger Hochbehälter Technik installiert, um das Talsperrenwasser so unter Druck zu setzen, dass es via 3 km Rohrschlange dann im Hochbehälter in Herbsleben ankommt. Dafür sorgen zwei Pumpen, die zusammen 60 m3 die Stunde auf die Reise schicken.

Das Besondere am ersten Bauabschnitt: Mehr als zwei Drittel der viagra-blauen Rohrschlange kommt im Horizontal-Spül-Bohr-Verfahren in die Thüringer Scholle. Dafür werden Gruben gegraben. Von denen arbeitet sich dann ein Bohrgestänge mit Wasser unter hohem Druck zum nächsten „Loch“ vor, zieht dabei hinter sich die Wasserleitung her. Das schont die Natur und war aufgrund der Topografie auch die empfohlene Lösung. Nur 680 m werden im offenen Graben verlegt. Parallel wird für die Mess-, Steuer- und Regeltechnik entsprechendes Kabel verlegt.

Schon Ende September will Herzog Bau Vollzug melden. Dann kommen die Großvargulaer und die Herbsleber als erste in den Genuss besseren Wassers. Damit hat dann aber auch deren Bürgermeister Reinhard Mascher sein 2012er Wahlversprechen erfüllt. Fürs erste ist dies allerdings auch nur Mischwasser mit 15° Deutscher Härte. Effekte werden dennoch spürbar sein, versicherte Werkleiter Matthias Vogt. „Weicher“ wird es aufgrund der begrenzten Mengen derzeit nicht, weil der Vorlieferant nicht mehr durchleiten kann.

Die Thüringer Fernwasserversorgung wird aber parallel zu den Bauarbeiten des Verbandswasserwerkes ca. 12 Mio. Euro investieren, um nötige Zuleitungen zu bauen. Das hatte Fernwasser-Geschäftsführer Thomas Stepputat beim historischen Spatenstich angekündigt.

 

Wie es weitergeht
Noch dieses Jahr beginnen die Bauarbeiten zur Versorgung von Bad Tennstedt und Herbsleben. Dafür wird eine 7,6 km lange Leitung zwischen Gräfentonna und Herbsleben/Kleinvargula gebaut, eine Druckerhöhungsstation in Gräfentonna und ein Verteilerschacht in Herbsleben (4,2 Mio. EUR). Abschluss der Bauarbeiten soll 2021 sein.

Dazu verbindet später eine 4,7 km lange Leitung den noch zu bauenden Übergabepunkt am Ascharaer Kreuz, an dem dann die für eine Vollversorgung ausreichenden Mengen Fernwasser eingespeist werden können, mit dem Hochbehälter Roter Berg, damit Bad Langensalza und die Nachbargemeinden versorgt werden können. Dafür wird ein Verteilerschacht am Hochbehälter errichtet und sind technologische Anpassungen am Schieberhaus des Hochbehälters Roter Berg nötig. Baubeginn ist für Januar 2020 geplant.

Kleinvargula – wie das gesamte übrige Versorgungsgebiet – wird nach Fertigstellung der anderen Vorhaben Anfang 2022 mit Fernwasser versorgt. Dann genießen alle Kunden die Vorzüge von weichem Wasser mit 4° Deutscher Härte.

Text: Rainer Aschenbrenner, Fotos: Rainer Aschenbrenner und Verbandswasserwerk

Ansprechpartner
Werkleitung
Tel.: 03603 8407-13
E-Mail: info@wazv-badlangensalza.de


Ähnliche Beiträge